Praxistest Grafikrechner

TI-84 Plus

Eignung

Die NRW-Anforderungen werden vom TI-84 Plus erfüllt. Der große Bruder des TI-83 Plus ist ein mächtiger GTR, der durch Applikationen nahezu beliebig um weitere Funktionalität erweitert werden kann. Beim Bedienkonzept lässt sich allerdings trotz Software-Updates und etwas Hardware-Kosmetik seit der Markteinführung 2004 die Nähe zum noch älteren TI-83 Plus nicht verkennen, und das ist nicht von Vorteil: Eine intuitive Bedienung gelingt wie bei diesem nur bedingt, manches ist nur umständlich zu erreichen. Nahezu auf aktuellem Stand ist zumindest die „natürliche Darstellung“ von Termen, wenn sie auch aufgrund der geringen Auflösung des Displays kein Augenschmaus ist.

Fazit: Der TI-84 Plus ist ein GTR mit nicht mehr ganz frischer Hardware und eingeschränkt intuitivem Bedienkonzept. Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, sollte der Einsatz im Unterricht aber gut gelingen. Mit Preisen knapp unterhalb von 100 Euro ist der TI-84 Plus preislich allerdings nur wenig attraktiv.

Hardware

Abmessungen: 90 x 192 mm
Display: 60 x 42 mm (96 x 64 px)
Gewicht: 289 g (mit Batterien)
Stromversorgung: 4x AAA (Akkus möglich)

Der TI-84 Plus ist ein Schwergewicht und liegt recht massig in der Hand. Die Verarbeitung wirkt solide, die Beschriftung ist gut ablesbar, die Tastatur durch die schräge Tastenform allerdings nicht jedermanns Sache. Das mit 96 x 64 px schwach aufgelöste Display ist zwar identisch mit dem des TI-83 Plus, wirkt beim TI-84 Plus aber mitunter zu pixelig, weil z.B. bei der natürlichen Darstellung von Termen die Schriftgröße ziemlich klein wird. In dieser Hinsicht ist der ansonsten in vielfacher Hinsicht identische TI-84 Plus C mit seinem 320 x 240 px Farbdisplay eine erhebliche Steigerung - allerdings gilt das auch für den Preis.

Zubehör

Laut Verpackungsaufdruck gehört zum Lieferumfang neben einer gedruckten 80-seitigen Einführung (deutsch), eine CD-ROM mit Software, Handbuch und Beispielen sowie ein Rechner-Rechner-Kabel und ein Rechner-PC-Kabel. Die CD-ROM fehlte leider in der original verschweißten Blister-Verpackung, allerdings bekommt man sowohl das Handbuch als auch die Ti-Connect Software für die Verbindung zum PC kostenlos über die TI-Website. Dort findet man ebenfalls den Emulator SmartView, der allerdings nur als Testversion kostenlos ist.
Positiv für Linux-Anwender: Mit der Linux-Software TiLP gelingt die Kommunikation mit dem TI-84 Plus problemlos. Das Aufspielen der Applikation "Deutsch", mit der die Bediensprache komplett auf Deutsch umgestellt werden kann, war mit wenigen Mausklicks erledigt.

Bedienkonzept

Im Rechenmodus lässt sich der TI-84 Plus über weite Strecken intuitiv bedienen, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, Brüche als Quotienten aufzufassen und die [÷]-Taste für die Division (d.h. den Bruchstrich) zu verwenden. Wie das aussieht, kann man der Abbildung entnehmen. Mit dem aktuellsten Betriebssystem (OS-Version 2.55MP) ist alternativ auch die Eingabe von Brüchen in „natürlicher Darstellung“ möglich: Über [Alpha][Y=][n/d] erhält man eine Eingabemaske für einen Bruch, die mit Zähler und Nenner befüllt werden kann – eine umständliche Notlösung, weil eine entsprechende Taste eben fehlt. Gegenüber dem TI-83 Plus nicht verbessert hat man die Darstellung von Dezimalbrüchen mit |x|<1 ohne führende Null. Man muss kein Prophet sein, um sich vorzustellen, wie solche Dezimalbrüche in den Heften der Schüler erscheinen. Ebenso unverändert ist die umständliche Möglichkeit der Bruch-Dezimalbruch-Umwandlung über [MATH][▸Frac] bzw. [MATH][▸Dec]. Besser gelöst ist hingegen die Möglichkeit des Editierens vorheriger Eingaben, die zwar wie beim kleinen Bruder mittels [ENTRY]-Taste möglich ist, aber jetzt auch intuitiv mittels Cursor-Navigation. Erfreulich ist auch die o.g. Möglichkeit, die Bediensprache via Applikation auf Deutsch umzustellen, was mitunter zu amüsanten Fehlermeldungen führt (siehe Abbildung rechts; Ergebnis eines negativen Radikanden).

Details

Beispiel 1: Die Abbildung zeigt den Graphen zum Term sowie die Tangente an der Stelle x=-1,5. Das Ergänzen der Tangente an den Graphen klappt problemlos über [DRAW][DRAW][Tangent(], gefolgt von der Angabe der Stelle, wo die Tangente angelegt werden soll. Irritierend ist allerdings die Anzeige am unteren Rand des Displays. Gemäß Handbuch soll dort die Berührstelle anzeigt werden und die Gleichung der Tangente. Das Ergebnis ist nicht überzeugend. Statt „natürlicher Darstellung“ ein Rückfall in die veraltete Darstellungsweise von Brüchen und statt einer Tangentengleichung eine kryptische Anzeige. Meine erste Vermutung war, dass dies ein Fehler in der "Deutsch"-Applikation ist, und so habe ich diese vollständig vom GTR entfernt. Das bewirkte allerdings nur, dass die Anzeige von "y=Pkt-An(Text(" zu "y=Pt-On(Text(" wechselte. Hier liegt also offensichtlich ein Software-Fehler vor (OS-Version 2.55MP).
Die Berechnung und Schattierung der Ordinatenfläche im Intervall [-4,8; 2,5] funktionierte in einem Arbeitsschritt und problemlos [2nd][CALC][∫f(x)dx] auswählen, danach die untere und obere Integrationsgrenze eingeben und ein abschließendes [ENTER]. Sofort wird der gewünschte Bereich schattiert und der Wert des Integrals am unteren Rand des Displays eingeblendet.

Beispiel 2: Die Berechnung des Integrals funktioniert im Prinzip problemlos, sogar intuitiv, sobald man einmal die Funktion fnInt() gefunden hat. Dann nämlich wird eine saubere Eingabemaske in 1a „natürlicher Darstellung“ eingeblendet, die mittels Cursor-Navigation befüllt werden kann (siehe Abbildung). Okay, die Betragsfunktion muss man auch noch finden, denn eine Taste dafür gibt es nicht: [MATH][NUM][abs(] bzw. [MATH][NUM][Betrag(], falls die Bediensprache Deutsch ist.

ABER: Die Fehlertoleranz ist laut Handbuch auf 10-3 voreingestellt und nicht änderbar - jedenfalls nicht im Modus mit natürlicher Darstellung. Das ist übel! Bei Verwendung der klassischen Darstellung lässt sich die Toleranz als zusätzliches Argument an die Funktion fnInt() übergeben und bei ausreichender Genauigkeit liefert der GTR sogar den exakten Wert als gemischte Zahl. Allerdings: Für Schüler ist diese Variante unzumutbar, der Nutzen für den Unterricht damit gleich Null. Schade! Hier wurde ein gutes Konzept nicht konsequent umgesetzt.

Beispiel 3: Zum Lösen eines LGS kann man die vorinstallierte Applikation "PlySmlt2" verwenden, was für "Polynomial Root Finder and Simultanous Equation Solver Version 2" steht. Die Bedienung dieser Applikation gelingt intuitiv, man wird jeweils ausreichend instruiert, was als nächstes zu tun ist. Nach der Befüllung einer entsprechenden Matrix und Drücken der [SOLVE]-Taste wird das LGS gelöst - oder auch nicht! Ist das LGS nämlich nicht eindeutig lösbar, erhält man die Meldung "NO SOLUTION FOUND", und zwar unabhängig davon, ob es keine oder mehr als eine Lösung gibt. Nicht gut! Allerdings, und das muss man den Entwicklern zugute halten: In dem Fall wird die Funtkion RREF als weitere Option angeboten, d.h. die Umformung mittels Gauß in reduzierte Zeilenstufenform.
Ist das LGS hingegen eindeutig lösbar, dann werden die Lösungen sauber als Brüche angezeigt.

Vom Handbuch empfohlen wird die Lösung via Matrizen-Operationen. Die funktioniert immer, hat allerdings den Nachteil der umständlicheren Bedienung. Dazu wird zunächst über [MATRIX][EDIT][mat A] eine Matrix ausgewählt, die entsprechend zu dimensionieren und zu befüllen ist. Danach muss man in den normalen Rechenmodus wechseln, um die Matrix mittels [MATRIX][MATH][Diag(] und [MATRIX][NAME][mat A][ENTER] in reduzierte Zeilenstufenform ("normierte Diagonalform") zu überführen. Das Ergebnis kann sich dann aber sehen lassen: Brüche werden in natürlicher Darstellung angezeigt.