Für einen Preis von deutlich über 100 Euro bekommt man mit dem TI-84 Plus C Silver Edition einen GTR mit integriertem Akku, der sich – abgesehen vom nun farbigen Display – nur geringfügig vom TI-84 Plus unterscheidet und somit ebenfalls die Anforderungen "NRW 2014" erfüllt.
Fazit: Der TI-84 Plus C ist einer der mächtigsten GTR im Feld und besticht durch ein kontrastreiches Farbdisplay. Das gegenüber dem TI-84 Plus unveränderte Bedienkonzept wurde jedoch bedauerlicherweise nicht überarbeitet, so dass eine intuitive Bedienung auch weiterhin nur eingeschränkt gelingt – dafür allerdings in Farbe und zu einem wenig attraktiven Preis, der in den zweistelligen Bereich hinabklettern müsste, um Schülern bzw. deren Eltern die Anschaffung guten Gewissens zumuten zu können.
Abmessungen: 90 x 192 mm
Display: 58 x 44 mm (320 x 240 px)
Gewicht: 263 g (mit Akku)
Stromversorgung: Integrierter Akku
Besonderheit: Farbdisplay (16-Bit Farbtiefe)
Die Verarbeitung wirkt solide, die Beschriftung ist gut ablesbar. Die Tastatur ist identisch mit der des TI-84 Plus und ebenso wie diese
durch die schräge Tastenform etwas gewöhnungsbedürftig. Das mit 320 x 240 px für GTR-Verhältnisse hoch auflösende Display bietet ein sehr gut
ablesbares Schriftbild. Zwar ist die Schriftgröße – anders als beim TI-nspire CX – nicht veränderbar, aber das
ist kein echter Mangel, denn die Darstellung ist nach meinem Empfinden besser ablesbar als beim TI-nspire CX.
Sobald man allerdings
den TI-84 Plus C und sein Display in Aktion sieht, reibt man sich verwundert die Augen: Sämtliche Prozesse sind deutlich verzögert, das
Display ist außerordentlich träge, so dass das Arbeiten mit dem GTR wenig Freude macht. Auch das Zeichnen von Graphen erfolgt mit einer
Geschwindigkeit, die ich bisher nur von den frühen GTR der 80er Jahre kannte – Details folgen unten.
Ebenso wie der TI-nspire CX wird auch der TI-84 Plus C nicht von vier AAA Batterien, sondern von einem integrierten Akku mit Strom versorgt. Dieser lässt sich mittels des mitgelieferte Datenkabels über den USB-Anschluss des Computers oder über ein separat erwerbbares Stecker-Ladegerät mit USB-Buchse aufladen. Natürlich bewirbt der Hersteller dies als gewinnbringende Neuerung und vielleicht ist es für die stromhungrigen GTR mit Farbdisplay tatsächlich eine guter Weg. Dass ein Farbdisplay nicht zwangsläufig eines integrierten Akkus bedarf, zeigt allerdings Casio mit dem fx-CG 20 und dem fx-CG 50.
Geliefert wird der TI-84 Plus C mit einer gedruckten 68-seitigen Einführung (deutsch) sowie einem Rechner-Rechner-Kabel und einem USB-Kabel für die Verbindung zum Computer. Ein PDF-Handbuch, zum Testzeitpunkt nur als englische Fassung verfügbar, findet man auf der TI-Website. Dort kann man auch die Ti-Connect Software herunterladen, mit deren Hilfe man Daten zwischen Computer und GTR austauschen kann. Dazu gehört die Möglichkeit, weitere Apps zu ergänzen (zum Beispiel eine deutsche Sprachlokalisierung), bei Bedarf ein aktualisiertes Betriebssystem aufzuspielen oder auch Screenshots des Displays aufzunehmen. Anders als beim monochromen Vorgänger ist es mir jedoch nicht gelungen, mittels der freien Linux-Software TiLP eine Verbindung zum GTR herzustellen.
Im Rechenmodus lässt sich der TI-84 Plus über weite Strecken intuitiv bedienen, wenn man sich einmal
daran gewöhnt hat, Brüche als Quotienten aufzufassen und die [÷]-Taste für die Division (d.h. den Bruchstrich) zu verwenden.
Wie das aussieht, kann man der Abbildung entnehmen. Alternativ ist auch die Eingabe von Brüchen in „natürlicher Darstellung“ möglich:
Über [Alpha][Y=][n/d] erhält man eine Eingabemaske für einen Bruch, die mit Zähler und Nenner befüllt werden
kann – eine umständliche Notlösung, weil eine entsprechende Taste eben fehlt.
Immer noch nicht abgestellt hat man die Darstellung von Dezimalbrüchen mit |x|<1 ohne führende Null – daran kranken
auch die monochromen Vorgänger. Ebenso unverändert ist die umständliche Bruch-Dezimalbruch-Umwandlung über
[MATH][▸Frac] bzw. [MATH][▸Dec].
Verbessert wurden allerdings die Fehlermeldungen, die beim TI-84 Plus in der Hauptsache Unterhaltungswert hatten,
jetzt aber hilfreiche Erklärungen geben (siehe Abbildung: Ergebnis eines negativen Radikanden).
Beispiel 1:
Die Abbildung zeigt den Graphen zum Term
sowie die Tangente an der Stelle x=-1,5.
Anders als die vorherigen Abbildungen handelt es sich hier und im Folgenden um Screenshots, die mit der Software Ti-Connect erstellt wurden.
Das Ergänzen der Tangente an den Graphen klappt im Prinzip problemlos über [DRAW][DRAW][Tangente(], gefolgt von der Angabe der Stelle,
wo die Tangente angelegt werden soll. Die oben schon angesprochene Trägheit des Rechners wird hier allerdings zur Geduldsprobe: Geschlagene
28 Sekunden vergehen, bis die Tangente sich Millimeter für Millimeter von links oben nach rechts unten vorgearbeitet hat.
Irritierend auch die anschließend am unteren Displayrand erscheinende Anzeige:
Gemäß Handbuch soll dort die Berührstelle anzeigt werden und die Gleichung der Tangente.
Das Ergebnis überzeugt jedoch nicht. Statt „natürlicher Darstellung“ ein Rückfall in die veraltete Darstellungsweise
von Brüchen – hier wurde gegenüber dem TI-84 Plus keinerlei Fortschritt erzielt.
Von der Gleichung der Tangente ebenfalls keine Spur! Hier steckt nach wie vor ein Fehler im Betriebssystem,
der sich schon beim TI-84 Plus zeigte und immer noch nicht behoben ist.
Die Berechnung und Schattierung der Ordinatenfläche im Intervall [-4,8; 2,5] funktioniert in einem Arbeitsschritt und problemlos:
[2nd][CALC][∫f(x)dx] auswählen, danach die untere und obere Integrationsgrenze eingeben und ein abschließendes [ENTER].
Wieder heißt es warten – mehr als eine halbe Minute vergeht, bis der Bereich schattiert ist und der
Wert des Integrals am unteren Rand des Displays erscheint.
Beispiel 2: Die Berechnung des Integrals funktioniert im Prinzip problemlos, sogar intuitiv, sobald man einmal die Funktion fnInt() gefunden hat. Dann nämlich wird eine saubere Eingabemaske in „natürlicher Darstellung“ eingeblendet, die mittels Cursor-Navigation befüllt werden kann (siehe Abbildung). Okay, die Betragsfunktion muss man auch noch finden, denn eine Taste dafür gibt es nicht: [MATH][NUM][abs(].
ABER: Die Fehlertoleranz ist laut Handbuch auf 10-3 voreingestellt und nicht änderbar - jedenfalls nicht im Modus mit natürlicher Darstellung. Das ist übel! Bei Verwendung der klassischen Darstellung lässt sich die Toleranz als zusätzliches Argument an die Funktion fnInt() übergeben und bei ausreichender Genauigkeit liefert der GTR sogar den exakten Wert als gemischte Zahl. Allerdings: Für Schüler ist diese Variante unzumutbar, der Nutzen für den Unterricht damit gleich Null. Ein weiterer Mangel des TI-84 Plus wurde nicht behoben.
Beispiel 3: Zum Lösen eines LGS kann man die vorinstallierte Applikation "PlySmlt2" verwenden, was für "Polynomial Root Finder and Simultanous Equation Solver Version 2" steht. Die Bedienung dieser Applikation gelingt intuitiv, man wird jeweils ausreichend instruiert, was als nächstes zu tun ist. Nach der Befüllung einer entsprechenden Matrix und Drücken der [SOLVE]-Taste wird das LGS gelöst, und zwar besser als beim TI-84 Plus. Während beim Vorgänger ohne Unterschied die Meldung "NO SOLUTION FOUND" eingeblendet wird, sobald ein LGS nicht eindeutig lösbar ist, erscheint diese Information jetzt nur noch, wenn das LGS keine Lösung hat. Im Falle einer nicht-eindeutigen Lösung wird das mathematisch korrekt ausgewiesen (siehe Abbildung rechts).
Vom Handbuch empfohlen wird die Lösung via Matrizen-Operationen. Die funktioniert immer, hat allerdings den Nachteil der umständlicheren Bedienung. Dazu wird zunächst über [MATRIX][BEARBEITEN][mat A] eine Matrix ausgewählt, die entsprechend zu dimensionieren und zu befüllen ist. Danach muss man in den normalen Rechenmodus wechseln, um die Matrix mittels [MATRIX][MATH][rref(] und [MATRIX][NAME][mat A][ENTER] in reduzierte Zeilenstufenform ("normierte Diagonalform") zu überführen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Brüche werden in natürlicher Darstellung angezeigt.